Der Satz um den es geht lautet: “Positive Affirmationen sind zu wenig um die Kunst der Wunscherfüllung wirklich zu beherrschen”. Und dieser Beobachtung stimme ich absolut zu.
Positive Affirmationen alleine – oder schlimmer noch: positives Denken alleine – werden für sich alleine genommen in der Regel keinen wirklichkeitsverändernden Effekt generieren.
Sie müssen sich mit dem Gefühl, dem Glauben, der eigenen spirituellen Suche nach dem wahren Willen und dem höheren Selbst verbinden – und erst hierdurch erlangen sie für die als Wunscherfüllung bekannte spirituelle Disziplin ihre eigentliche Bedeutung.
Die Frage ist: Worum geht es überhaupt? Wunscherfüllung als spirituelle Disziplin – manche Autoren reden hier gar von einer Kunst, die es zu meistern gilt – ist nicht erst ein seit dem Film “the Secret” bekanntes Phänomen, sondern war und ist ein spirituelles Thema, das natürlich wesentlich älter ist als die zeitgenössischen Publikationen dazu.
The Secret – zu deutsch “das Geheimnis” – ist ja ebenfalls keine alleinstehende Publikation, sondern kann nur im Gefolge hinreichend bekannter Vorgängerliteratur wie etwa “think and grow rich” oder dem “Masterkeysystem” überhaupt verstanden werden.
Es entstammt, wie ich in einem Video unlängst näher ausgeführt habe, dem Umfeld der sogenannten Neugeist-Bewegung und kann durchaus als missionarischer Titel verstanden werden. Immerhin war die ein oder andere Neugeist-Megachurch und einer ihrer leitenden Pastoren – Rev. Michael Bernard Backwith – an der Publikation von “the Secret” nicht ganz unbeteiligt.
Neben den bekannten amerikanischen Autoren, spirituellen Leitern und Predigern, die sich mit den Prinzipien der Wunscherfüllung befasst haben – und die uns auch heute noch relativ schnell begegnen wenn wir uns in die Materie einlesen, gibt es noch eine weitere ‘Wunscherfüllungstradition’ die bis heute kaum bekannt ist, deren Tiefe der Auseinandersetzung mit dem Thema mich persönlich aber wesentlich stärker berührt, als die in manchen Punkten doch oft recht oberflächlichen amerikanischen Publikationen.
Wir finden sie bevorzugt – und das ist durchaus interessant – im europäischen Umfeld der Theosophie und neueren Schulen von Mystik und Magie, die sich spätestens seit dem 19ten Jahrhundert ebenfalls stark mit dem Thema Wunscherfüllung auseinandergesetzt haben. Und die mich bis heute weit intensiver ansprechen als die massenweise verfügbare Standardliteratur aus dem amerikanischen Raum.
Dies hat seinen Grund darin, dass diese Texte und Autoren die Wunscherfüllung meist nicht isoliert betrachten, sondern in das Gefüge des großen Ganzen des geistigen Weges hüllen. Wunscherfüllung ist kein Selbstzweck – sondern hat einen tieferen Sinn und Nutzen, der dem Praktizierenden schnell klar uns offenbar wird.
Wunscherfüllung dient eben nicht primär der kurzzeitigen Erfüllung von vermeintlichen Bedürfnissen des Egos in uns (worunter alle äußeren Wünsche wie ‘ein schnelleres Auto’ oder ‘ein Swimmingpool vor dem Haus’) in Wahrheit zählen, sondern der Verwirklichung und Erforschung des wahren Willens des höheren Selbst in uns.
Ziel der Wunscherfüllung ist also nicht so sehr, die Verwirklichung der oben genannten Egoprojektionen (obwohl manche auch diese mit sehr großem Erfolg betreiben) – sondern die Transformation der selbstsüchtigen Wünsche des eigenen Ich hin zu den selbstlosen Wünschen der höheren Wirklichkeit in uns. Ein Wunsch den wir in den Bereich der Wunscherfüllung und Verwirklichung heben, erzeugt in uns ein anderes, höheres Bild unserer Selbst – und ein tieferes Verständnis der inneren und äußeren Wirklichkeit.
Es gehört zu den Prinzipien des geistigen Weges, dass ein Mensch der sehr stark auf seine innere Wirklichkeit sieht – wie etwa ein Heiliger oder wahrhaft Eingeweihter – auch ein weit höheres wirklichkeitsveränderndes Potential in sich und seinem Geist erzeugt. Ein solcher Mensch ist froh, wenn nicht alles was ihm kurzzeitig als vermeintlicher Wunsch in seinen Gedanken aufploppt auch umgehend damit beginnt Wirklichkeit zu werden. Er hat noch eine andere geistliche Tugend im Regelfall gemeistert: die Gedankenstille.
Und hier erkennen wir bereits das wahre Wesen der Wunscherfüllung. Sie ist ein Schritt auf der Suche nach dem von Alchemisten als “Stein der Weisen” bezeichneten Funktion des eigenen Geistes – sie lässt aus unedle Trieben (wie vermeintlichen Wünschen der Gier nach Besitz – allen genannten Egoprojektionen) wahrhaft inneres Gold – also höhere Lehren und Tugenden erwachsen.
Fazit: Wunscherfüllung ist und bleibt ein Thema das polarisiert – das viele fasziniert und bei dem es sich lohnt sich näher und tiefer damit auseinanderzusetzen, als es vielfach geschieht. Ich selbst betrachte die Wunscherfüllung als einen sinnvollen ersten Schritt sich näher mit den Geheimnissen des mystischen oder spirituellen Weges zu befassen.
Für mich ist – und bleibt – sie dabei aus didaktischen Gründen spannend, ich habe ja auch schon die ein oder andere Publikation zum Thema geschrieben.
Andererseits ist die Wunscherfüllung für mich ein spannender Nebeneffekt, mit dem ich mich selbst immer wieder gerne befasse und der mit auch nach Jahren der Beschäftigung immer wieder neue spannende Facetten seiner und meiner selbst aufzeigt, sodass ich die Beschäftigung mit dem Thema an sich nicht missen möchte, sie aber auch nicht (mehr) ins Zentrum meiner eigenen spirituellen Reise rücke.
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