Drei Wege - ein Mysterion
Alle mystische Rede vollzieht sich auf 3 verschiedene Arten, die dem Beschreiten eines von drei Wegen gleichen, deren Zielt die Vermittlung geistiger Inhalte über das Medium der Sprache ist: via negationis, via eminentiae und via analogiam. Wie alle in der Welt stattfindenden kommunikativen Prozesse, ist auch der grosse Prozess mystischen Forschens und Denkens ein auf Interaktion ausgerichtetes Geschehen, das die Kraft mystischer Gedanken durch die Medien von Wort, Bild und Schrift einer Generation an alle nachfolgenden weiterreicht. Von daher gibt es eine Vielzahl mystischer Schriften, Bilder, Inschriften – beinahe möchte man sagen: mystischer Medien – die den Schatz der zu erkennenden kleinen Mysterien von Generation zu Generation mehren.
Mystica Negationis
Die mystica Negationis formuliert ihre Erkenntnisse und Wahrheiten dabei immer auf scheinbar verneinende Art und Weise. Ziel und Wesen ihrer Verneinung besteht aber nicht in einer Abwehr der verneinten Eigenschaften und Handlungsweisen, sondern vielmehr in der Bejahung der durch das Enthalten und Nicht-vollbringen der bezeichneten Termini vollzogene Transzendierung des Lebens. Viele östliche Wege zu Erkenntnis und Erleuchtung, arbeiten mit wortmalerischen Bildern von Nicht-Anhaftung, Nicht-Handeln, Nicht-Suchen und ähnlichem. Die absolute Steigerung dieser Nicht-Proklamation – die von der Proklamation des Nichts zu unterscheiden ist – findet sich dann in den Koans der Zen-Mönche, die die Kraft menschlicher Vernunft in den Nicht-Sinn führen, indem sie zwar die menschliche Vernunft zunächst ad absurdum zu führen scheinen, bei Meditation über dieselben den menschlichen Geist aber dadurch zu einem Erkennen der tieferliegenden Weltwirklichkeit führen,und ihm so einen eben doch in ihnen enthaltenen verborgenen Sinn erfahrbar machen.
Mystica Eminentiae
Der via eminentiae der Mystik, besteht in der überhöhenden Formulierung an sich alltäglich zu beobachtender (und damit bekannter nachvollziehbarer) Sachverhalte, und führt so zu einem Vollzug des mystischen Erlebens auf der transzendierten Ich-Du Erfahrung, wie er etwa für die spirituelle Liebesmystik kennzeichnend ist. Es ist dies die Mystik die sich in glorreichen Hymnen, hingegebenen Gebeten und Confessiones vollzieht. Diese Mystik lässt den Praktizierenden dabei einen Weg beschreiten, der Momente extatischen Glücks und einer überschreitung der Grenze zwischen materieller und spiritueller Welt erlebbar werden lässt.
Dies ist ein geistiger Weg, der einen beinahe schamansichen Charakter in die Mystik integriert. Eine solch verfasste Mystik ist die Mystik eines spirituelen Grenzgägntertums, das die Überwindung der eigenen Begrenztheit in einer Überhöhung der in ihr verwendeten Sprachmuster sucht. Jedes mystische Geschehen, ist auch ein sprachliches Geschehen, da die Mystik in Farben, Bildern, Informationen und jeder anderen Dimension des einen UrWortes der göttlichen Wirklichkeit ihre vollste Entfaltung findet.
Mystica Analogiam
Der via analogiam der Mystik besteht in einer entsprechenden Formulierung und funktioniert nach dem einfachen Prinzip wie-oben-so-unten, wie im Grossen so im Kleinen und umgekehrt. Es ist dies eine Mystik der Gleichnisse, Formen und Bilder, die uns geistige Wahrheiten auf anschauliche, plakative Art und Weise erklärt. Wie Jesus als geistiger Lehrer seine Schüler und Anhänger in Gleichnissen unterwies, und Ihnen so die heiligsten Mysterien in einer Art und Weise aufschloss, die eine überzeitliche Dimension aufweist, weil sie Bilder nutzt die von menschlichen Urgefühle und Urerfahrungen ausgehen, die von allen Menschen zu allen Zeiten und an allen Orten verstanden werden können.